Warum Schlaf für unsere Kinder so wichtig ist - Teil 1

(Bildquelle: Ramona Heim - adobe.stock.com)

Und zwar für Kleine und Große!

Etwa 70 % des Tages – nämlich 16 bis 17 Stunden – schlafen Neugeborene. Im Alter von vier Monaten sind es 15 Stunden, mit einem Jahr 14, mit sechs Jahren immerhin noch 12 und mit 15 Jahren neun Stunden (dabei handelt es sich um Mittelwerte, einige Kinder schlafen deutlich mehr, andere viel weniger). Die schiere Menge an verbrachter Zeit im Schlaf lässt es bereits vermuten: Schlaf ist wichtig für die kindliche Entwicklung. Diese fünfteilige Blog-Serie geht der Frage auf den Grund, warum Schlaf für die kindliche Entwicklung von so großer Bedeutung ist.

In diesem Beitrag blicken wir zunächst darauf, was eigentlich passiert, wenn wir bzw. unsere Kinder schlafen und welche unmittelbaren Effekte Schlaf auf Wachphasen hat. In den nächsten Beiträgen dieser Serie schauen wir, welche Folgen erholsamer Schlaf oder Schlafmangel in verschiedenen Entwicklungsbereichen mit sich bringt.

Das schlafende Gehirn schläft nicht!

Während wir schlafen, passieren in unserem Körper großartige Dinge: Unser Gehirn trennt wichtige von unwichtigen Informationen und sorgt dafür, dass wichtige Ereignisse als Erinnerungen bewahrt bleiben, während das Unwichtige gelöscht wird. Die Zellen und Moleküle unseres Immunsystems sind besonders aktiv und suchen unseren Körper nach Krankheitserregern oder veränderten Zellen (z.B. Krebszellen) ab, um sie zu vernichten. Zudem werden Wachstumshormone ausgeschüttet, um Knochen und Muskulatur zu stärken und den Fettstoffwechsel anzuregen.

Achtung Baustelle – Was gesunder Schlaf Ihres Kindes mit der Entwicklung seines Gehirns zu tun hat!

Wir wissen heute, dass gerade in der Kindheit und Jugend – einer Zeit, die von außerordentlichem Lernen und massiven Wachstum geprägt ist, – Schlaf besonders wichtig ist. In dieser Zeit verändert sich das Gehirn in einer Art und Weise, wie es mit keinem anderen Lebensabschnitt vergleichbar ist. Verbindungen zwischen den Nervenzellen des Gehirns werden explosionsartig geformt. Dabei werden häufig genutzte Verbindungen gestärkt und selten oder nicht genutzte gekappt. So entstehen Hirnnetzwerke, deren Architektur später im Leben ausschlaggebend dafür ist, wie wir in unserer Umwelt agieren: wie leicht es uns fällt, uns an Veränderungen anzupassen, ob wir eher zu positiver oder negativer Stimmung neigen, ob wir eher intensiv oder gelassen auf Herausforderungen und Stress reagieren uvm.

Ein Großteil dieser wichtigen Baumaßnahmen verrichtet das Gehirn im Schlaf. Damit kommt Schlaf bei der Reifung des Gehirns eine Schlüsselrolle zu. Kinder durchlaufen andauernd kritische Entwicklungsphasen, etwa wenn sie laufen oder sprechen lernen. Dabei erfordert das Heranreifen der Fähigkeiten nicht nur, dass Verbindungen zwischen bestimmten Nervenzellen im wachen Zustand aktiviert sind, sondern auch eine nachfolgende Schlafphase, in der entsprechende Umbaumaßnahmen an den Verbindungen stattfinden.

Optimale Wachsamkeit – Offen für die Welt!

Doch nicht nur das, ob Kinder ausreichend und gut schlafen, hat auch Auswirkungen darauf, wie sie ihre Wachphasen erleben und in diesen lernen können. Babys, die viel schlafen, verbringen mehr Zeit in einem ruhigen wachsamen Verhaltenszustand, der als optimale Wachsamkeit bezeichnet wird. In diesem Zustand scheinen die Kinder die Welt um sich herum förmlich aufzusaugen, ihnen entgeht nichts. Sie lernen einfach durch ihre Sinneswahrnehmungen, durch das Beobachten der Wolken am Himmel, der Blätter an den Bäumen, durch Berühren, Hören, Riechen und durch das Betrachten von Mamas und Papas Gesicht. Dabei sind sie gelassen und entspannt. Babys hingegen, die wenig schlafen, zeigen mehr unruhiges, quengeliges und weinerliches Verhalten. Auch das beeinflusst sich entwickelnde Hirnstrukturen. Babys, die viel Zeit in dem Zustand optimaler Wachsamkeit verbringen, “nutzen” entsprechende neuronale Netzwerke, die für die Aufrechterhaltung von Aufmerksamkeit und Konzentration sowie eines ruhigen emotionalen Zustandes zuständig sind, häufig. Diese Netzwerke werden damit gestärkt. Somit ist ausreichend Schlaf für das heranreifende Gehirn notwendig, um die Fähigkeit zur Konzentration zu entwickeln und begünstigt zudem ein ruhiges Temperament.

Das Schlafverhalten in der Kindheit hat damit überdauernde Auswirkungen auf die Vernetzung des Gehirns.

Be Best – Energie für das Gehirn

Schlaf ist der Kraftstoff für unser Gehirn. Unabhängig vom Alter lädt jeder Schlaf, ganz gleich ob Nachtschlaf oder Nickerchen am Tag, den Akku des Gehirns wieder auf. So wie Gewichtheben die Muskeln stärkt, erhöht erholsamer Schlaf die Hirnleistung, denn erholsamer Schlaf erhöht die Aufmerksamkeitsspanne und fördert einen Zustand körperlicher Entspannung bei gleichzeitiger geistiger Aufmerksamkeit. In diesem Zustand sind persönliche Bestleistungen möglich. Schlafen wir nicht gut, verfügt das Gehirn offenbar nicht über ausreichend Energie, um den Zustand optimaler Wachsamkeit zu erreichen. Für ein Kind mit einem Schlafdefizit ist es mühevoller, den Zustand optimaler Wachsamkeit zu erreichen oder aufrechtzuerhalten, schlichtweg, weil es hierfür nicht genug Energie hat.

Nun ist die Entwicklung von Kindern kein Leistungssport und Elternschaft kein Wettkampf. Dennoch ist es der Wunsch vieler Eltern, die Entwicklung ihrer Kinder möglichst optimal zu unterstützen, so dass diese das Beste aus sich herausholen können.

Indem Sie Ihren Kindern von Beginn an gesunde Schlafgewohnheiten vermitteln, legen Sie dafür ein entscheidendes Fundament.

Fazit

  • Schlaf ist eine biologische Notwendigkeit.
  • Schlaf ist Energie für unser Gehirn.
  • Schlechter Schlaf schadet dem Gehirn.
  • Erholsamer Schlaf ist wichtig, gerade für die Hirnentwicklung.

Bekommen Kinder nicht den Schlaf, den sie brauchen, hat das unmittelbare und langfristige Auswirkungen auf ihr Gehirn, ihren Körper und ihr Verhalten. Viele Schlafforscher sind davon überzeugt, dass unzureichender Schlaf in der Kindheit die Reifung des Gehirns beeinflusst, und zur Entstehung von Entwicklungsstörungen und Emotionsstörungen wie Angststörungen und Depression beitragen kann. Diese Theorie wird durch zahlreiche Befunde aus der Schlafforschung unterstützt. In den weiteren Blogartikeln dieser Serie nehmen wir diese Befunde genauer unter die Lupe. Bis dahin wünschen wir einen erholsamen Schlaf!